Was’n das?! war meine erste Reaktion, als mich meine Liebste fragte, ob ich das kenne. Sie hatte es in einem Gespräch zwischen Landfrauen mitbekommen. Google hilft einem ja gerne weiter, wenn man nicht dumm sterben will: Flurgönder ist eine Spezialität aus dem Fuldaer Land. Der hessische Schwartenmagen ist hier als Gönder oder auch Gänder oder Gehuder bekannt.
Zu Christi Himmelfahrt zog die ganze Familie auf Wallfahrt durch die Gegend (Flur). Die Frauen, die sonst ihren auf den Feldern schwer schuftenden Männern zuhause das Essen kochten, mussten sich was einfallen lassen, was sie nach der Wallfahrt schnell auf den Tisch bringen konnten. Die geniale Idee: einen Gönder morgens ins siedende Wasser gegeben, hatte mittags seine Aromen noch einmal verstärkt und einiges vom Fett in das Siedewasser abgegeben, in dem nun schnell Bandnudeln, die am Vortag zubereitet wurden, garen konnten. In der Zwischenzeit wurden Zwiebeln und Knoblauch angeschwitzt, mit Kräutern verfeinert und die Nudeln darin geschwenkt. Dazu gab es Scheiben des Gönders, einen Klecks Apfelmus und Kopfsalat. Eine ebenso deftige wie schnelle Mahlzeit.
Als absoluter Fan von Schwartenmagen war ich sofort begeistert. Himmelfahrt war zwar schon lange vorbei, aber Fronleichnam stand an und eine Wallfahrt mit unserem Hund durch den Kurpark ließe sich bestimmt leicht realisieren. Den richtigen Gönder fand ich bei der Metzgerei Ludwig in Schlüchtern. Dort lagen sie in dicken Blasen oder in länglichen Mägen schon zuhauf bereit. Ungeräuchert, denn der Rauchgeschmack würde das feine Aroma des gesottenen Gönders übertönen. Ich habe die ein Pfund schwere Gönderblase dann in siedendes Salzwasser gegeben, damit die Salze und Aromen während der Garzeit nicht in das Wasser ziehen. Nach gut eineinhalb Stunden hatte ich die Blase mehrfach angestochen, um Fett in das Wasser zu bekommen. Dann den Gönder rausgenommen und breite Bandnudeln reingegeben. In einigen Rezepten wird der Gönder gehäutet und das Fleisch in die Zwiebelmasse gebröselt. Ich entschied mich aber für die Scheibenvariante, weil das auf dem Teller einfach nicht so nach frisch Erbrochenem aussieht.
Die Zwiebel und den Knoblauch habe ich in Butter ordentlich angehen lassen. Sie waren goldgelb als ich ein Bund glatter Petersilie dazu gab. Noch etwas gesalzen und gepfeffert und mit Muskat abgeschmeckt. Dann die fertigen Bandnudeln darin geschwenkt, den Gönder gehäutet und aufgeschnitten und auf dem Teller drapiert. Dazu gab es Bio-Apfelmark ohne Zucker und einen Kopfsalat mit saurer Sahne, Senf, Zitrone und Borretsch angemacht.
Erstaunlicherweise kam uns das Gericht überhaupt nicht ordinär-deftig vor. Die Gönderscheiben hatten ordentlich an Fett verloren, das Fleisch war zart und unglaublich aromatisch. Zusammen mit dem Apfelmark eine reizvolle Aromenexplosion im Mund. Die Bandnudeln mit dem Zwiebelkonfitt schmeckten ebenso sehr fein und passten ausgezeichnet zum Gönder. Dazu noch der frische Salat mit dem herben Borretsch-Aroma. Insgesamt ein sehr ausgewogenes Geschmackserlebnis, weitab von einfacher, deftiger Bauernkost. Das wäre in jedem gehobenen Restaurant als raffiniertes Menü durchgegangen. Schade, dass man das kaum noch angeboten bekommt.
Für mich war dieses Gericht die Initialzündung, mehr mit Wurst zu kochen. Und das hier zu bloggen natürlich.
Passend zum Thema fragt knackwurstwissen nach regionalen Wurstspezialitäten. Bin gespannt, was da alles Leckeres zusammenkommt…